Von Cholera bis Corona: Wie Grafiken Leben retten

von | Mrz 24, 2020

Bewegte Zeiten bringen Besonderes hervor. Menschen setzen sich mutig, entschlossen und selbstlos für die Gemeinschaft ein. Heute sind das Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, Priester und alle, die ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren, damit wir leben und vor allem überleben können. Dazu gehören auch diejenigen, die uns Einsichten geben, mit denen wir unser Handeln verändern und damit Leben retten können. Denn gute Visualisierungen machen Verborgenes sichtbar und bringen damit neue Narrative hervor.

John Snow besiegt die Cholera

So wie John Snow, ein Arzt aus London. Im August 1854 erlebte die Londoner Bevölkerung einen verheerenden Cholera-Ausbruch. Innerhalb einer Woche infizierten sich 10 Prozent der Bewohner des Stadtteils Soho. Snow verzeichnete alle Infektionen auf einer Karte. Jeder Balken ein Toter. Diese Karte brachte ihn auf eine neue Fährte. Bis dahin beherrschte die Miasmen-Theorie die medizinische Lehrmeinung. Demnach verbreitete sich Cholera über die Luft, was angesichts des Gestanks in der Stadt nicht ganz abwegig war. Snow aber entdeckte durch seine Arbeit eine besondere Häufung der Todesfälle rund um eine Pumpe in der Broad Street (heute Broadwick Street).

Snow Cholera Map

Es stellte sich heraus, dass das Wasser der Pumpe durch die Abwässer einer nahe gelegenen Senkgrube verseucht war. Die Karte lieferte eine detaillierte statistische Analyse der Infektionen und brachte ihn zur Erkenntnis, dass Cholera durch Keime im Wasser übertragen wird. Weil sich Snow mit dieser Sichtweise durchsetzte und die Gesundheitsbehörden und die Bevölkerung daraus die richtigen Schlüsse zogen, war dies der letzte Cholera-Ausbruch, den London gesehen hatte.

 

#FlattenTheCurve und #StopTheSpread

Angesichts der Ausbreitung von Covid-19 hat Siouxsie Wiles, eine Mikrobiologin aus Neuseeland zusammen mit dem Illustrator Toby Morris eine Grafik entwickelt und am 8. März auf twitter veröffentlicht, die seither als #flattenthecurve die Runde macht.

Flatten the Curve

Die Grafik zeigt zwei mögliche Verlaufsszenarien der neuen Corona-Pandemie: eine mit einem steilen An- und Abstieg und einem kurzen Zeitverlauf, eine mit einem flacheren, aber längeren Verlauf. Eine gestrichelte Linie markiert die Kapazität des Gesundheitssystems.

Die Botschaft: Wenn das System überfordert wird, wird es für uns alle schlimmer. Zwei Personen verkörpern die beiden Grundhaltungen: Ein gleichgültiger Mann, der das Risiko als gering erachtet, steht für die erste Kurve. Eine Frau, die zur Vorsicht mahnt, steht für den zweiten Verlauf.

Angespornt durch die Resonanz haben Wiles und Morris weitere animierte Grafiken entwickelt. Unter dem Hashtag #stopthespread erklären sie die notwendigen Schritte, um einen nachhaltigen Erfolg zu erreichen. Die Illustrationen und Animationen wurden inzwischen hunderte Millionen mal geteilt. Die ganze Serie ist bei The Spinoff veröffentlicht. Mögen auch heute möglichst viele die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Nämlich dass jeder von uns mit seinem Handeln den weiteren Verlauf bestimmen kann: #StopTheSpread.